Mieterhöhung auch bei Wohnflächenabweichung nur unter Beachtung der Kappungsgrenze

Der Bundesgerichtshof hat heute – unter teilweiser Aufgabe seiner bisherigen Rechtsprechung – entschieden, dass eine Mieterhöhung nach § 558 BGB auf der Basis der tatsächlichen Wohnfläche zu erfolgen hat, unabhängig davon, ob im Mietvertrag eine abweichende Wohnfläche angegeben und wie hoch die Abweichung von der tatsächlichen Wohnfläche ist.

Der Sachverhalt:
Der Beklagte ist Mieter einer 5-Zimmer-Wohnung der Klägerin in Berlin. Im Mietvertrag sind die Wohnfläche mit 156,95 qm und die monatliche Miete mit 811,81 DM angegeben. Tatsächlich beträgt die Wohnfläche 210,43 qm.

Die Klägerin verlangt vom Beklagten die Zustimmung zur Erhöhung der derzeitigen Bruttokaltmiete von 629,75 € auf insgesamt 937,52 €. Dies begründet sie damit, dass sie nach den allgemeinen Mieterhöhungsvorschriften* zu einer Erhöhung der momentan geschuldeten Miete um 15 % (94,46 €) sowie darüber hinaus wegen einer Überschreitung der vertraglich vereinbarten Wohnfläche um 33,95 % zu einer entsprechenden weiteren Anhebung berechtigt sei. Der beklagte Mieter hat nur einer Mieterhöhung um 94,46 € zugestimmt Die auf Zustimmung zu einer Mieterhöhung um weitere 213,31 € gerichtete Klage der Vermieterin ist in den Vorinstanzen abgewiesen worden.

Die Entscheidung des Bundesgerichtshofs:
Die vom Landgericht zugelassene Revision der Klägerin hatte keinen Erfolg. Der unter anderem für das Wohnraummietrecht zuständige VIII. Zivilsenat hat entschieden, dass es im Mieterhöhungsverfahren nach § 558 BGB nur auf die tatsächliche Wohnungsgröße ankommt. § 558 BGB soll es dem Vermieter  ermöglichen, eine angemessene, am örtlichen Markt orientierte Miete zu erzielen. Für den Vergleich ist deshalb allein der objektive Wohnwert der zur Mieterhöhung anstehenden Wohnung maßgeblich, während etwaige Vereinbarungen der Mietvertragsparteien über die Wohnungsgröße im Mieterhöhungsverfahren keine Rolle spielen können, denn sonst würden nicht die tatsächlichen, sondern vertraglich fingierte Umstände berücksichtigt. An seiner früheren Rechtsprechung, dass der Vermieter sich an einer im Mietvertrag zu niedrig angegebenen Wohnfläche festhalten lassen muss, wenn die Abweichung nicht mehr als zehn Prozent beträgt. hält der Senat deshalb nicht mehr fest. Entsprechendes gilt für den umgekehrten Fall, dass die Wohnfläche im Mietvertrag zu groß angegeben ist; hier kann der Vermieter die Miete gemäß § 558 BGB ebenfalls nur auf der Grundlage der tatsächlichen (niedrigeren) Wohnfläche erhöhen.

Neben der Berücksichtigung der wirklichen Wohnungsgröße im Rahmen der allgemeinen Mieterhöhungsvorschriften (§ 558 BGB) – das heißt unter Beachtung der Kappungsgrenze – besteht für den Vermieter keine weitere Möglichkeit der einseitigen Mietanpassung.. Insbesondere ergibt sich aus einer unzutreffenden Wohnflächenangabe im Mietvertrag noch kein Anwendungsfall eines Wegfalls der Geschäftsgrundlage (§ 313 BGB**). Dem steht bereits entgegen, dass die zutreffende Ermittlung der tatsächlichen Wohnfläche regelmäßig in die Risikosphäre des Vermieters fällt.

Vorinstanzen:
Amtsgericht Charlottenburg – Urteil vom 2. Dezember 2013 – 237 C 302/13
Landgericht Berlin – Urteil vom 11. September 2014 – 18 S 413/13

Karlsruhe, den 18. November 2015

*§ 558 BGB Mieterhöhung bis zur ortsüblichen Vergleichsmiete

(1) Der Vermieter kann die Zustimmung zu einer Erhöhung der Miete bis zur ortsüblichen Vergleichsmiete verlangen, wenn die Miete in dem Zeitpunkt, zu dem die Erhöhung eintreten soll, seit 15 Monaten unverändert ist. 2Das Mieterhöhungsverlangen kann frühestens ein Jahr nach der letzten Mieterhöhung geltend gemacht werden. 3Erhöhungen nach den §§ 559 bis 560 werden nicht berücksichtigt.

(2) Die ortsübliche Vergleichsmiete wird gebildet aus den üblichen Entgelten, die in der Gemeinde oder einer vergleichbaren Gemeinde für Wohnraum vergleichbarer Art, Größe, Ausstattung, Beschaffenheit und Lage einschließlich der energetischen Ausstattung und Beschaffenheit in den letzten vier Jahren vereinbart oder, von Erhöhungen nach § 560 abgesehen, geändert worden sind. 2Ausgenommen ist Wohnraum, bei dem die Miethöhe durch Gesetz oder im Zusammenhang mit einer Förderzusage festgelegt worden ist.

(3) Bei Erhöhungen nach Absatz 1 darf sich die Miete innerhalb von drei Jahren, von Erhöhungen nach den §§ 559 bis 560 abgesehen, nicht um mehr als 20 vom Hundert erhöhen (Kappungsgrenze). 2Der Prozentsatz nach Satz 1 beträgt 15 vom Hundert, wenn die ausreichende Versorgung der Bevölkerung mit Mietwohnungen zu angemessenen Bedingungen in einer Gemeinde oder einem Teil einer Gemeinde besonders gefährdet ist und diese Gebiete nach Satz 3 bestimmt sind. 3Die Landesregierungen werden ermächtigt, diese Gebiete durch Rechtsverordnung für die Dauer von jeweils höchstens fünf Jahren zu bestimmen. […]

** § 313 Störung der Geschäftsgrundlage

(1) Haben sich Umstände, die zur Grundlage des Vertrags geworden sind, nach Vertragsschluss schwerwiegend verändert und hätten die Parteien den Vertrag nicht oder mit anderem Inhalt geschlossen, wenn sie diese Veränderung vorausgesehen hätten, so kann Anpassung des Vertrags verlangt werden, soweit einem Teil unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere der vertraglichen oder gesetzlichen Risikoverteilung, das Festhalten am unveränderten Vertrag nicht zugemutet werden kann.

(2) Einer Veränderung der Umstände steht es gleich, wenn wesentliche Vorstellungen, die zur Grundlage des Vertrags geworden sind, sich als falsch herausstellen. […]

Quelle: Pressestelle des Bundesgerichtshofs

Eigenbedarf: Platzbedarf des Vermieters gerichtlich nicht nachprüfbar!

Über meinen Platzbedarf beim Wohnen kann ich als Vermieter selbst entscheiden. Gerichte besitzen nicht die Kompetenz, mir dort hereinzureden. Dies betonte das Landgericht (LG) Berlin mit Urteil vom 7. Mai 2014

In dem entschiedenen Fall kündigte Vermieter V seinem Mieter M die gemietete Wohnung, die direkt neben der von ihm selbst bewohnten Wohnung lag. Die Begründung: V benötige die Mietwohnung zum angemessenen Wohnen für seine dreiköpfige Familie. M rechnete die in Anspruch genommene Fläche nach und kam auf mehr als 200 m², die V mit der begehrten Zusammenlegung der beiden nebeneinander liegenden Wohnungen für sich und seine Familie beanspruchte. Dies empfand M als rechtsmissbräuchliche Ausübung des Eigenbedarfs und wehrte sich mit diesem Argument gegen die Räumungsklage des V. Auch in der Berufungsinstanz blieb er damit erfolglos.

Die Gründe:
Die Kündigung wegen Eigenbedarfs sei wirksam. Denn zur Begründung des Eigenbedarfes komme es allein darauf an, dass der Vermieter die an den Mieter vermietete Wohnung selbst nutzen möchte. Deshalb sei es unerheblich, dass die Wohnung des Klägers V und die Wohnung des Beklagten M zusammen eine Fläche von mehr als 200 m² umfasse. Angesichts der Nutzung durch jedenfalls drei Personen sei eine missbräuchliche Inanspruchnahme einer zu großen Fläche nicht erkennbar, zumal V nachvollziehbar vorgetragen habe, dass er auch ein Arbeitszimmer benötige, wofür die bisherige Wohnung nicht ausreichend Platz biete. Da M auch die Voraussetzungen eines Kündigungswiderspruchs nach § 574 BGB nicht hinreichend substantiiert vorgetragen habe, sei die Klage auf Räumung der Wohnung deshalb zuzusprechen gewesen.

Quelle:

Haus und Grund Niedersachsen,
Landesverband
Niedersächsischer Haus-, Wohnungs- und
Grundeigentümer-Vereine e.V.

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Telefax: 0511/973297-32
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Vermieterbescheinigung wird ab 1. November Pflicht

Im Rahmen der Novellierung des Meldegesetzes (BMG) wird auch die Meldebestätigung durch den Wohnungsgeber zum 1. November 2015 wieder eingeführt. Der DDIV weist erneut darauf hin, dass mit der Wiedereinführung der Vermieterbescheinigung Vermieter und damit auch Verwalter in der Mitwirkungspflicht sind.

Wohnungseigentümer / Verwalter müssen Bescheinigung ausstellen
Mieter und Eigentümer, die eine Wohnung beziehen oder verlassen, müssen ihren Wohnortwechsel innerhalb von zwei Wochen bei der zuständigen Meldehörde anzeigen. Im Rahmen dieser Meldepflicht verlangen die Behörden ab 1. November 2015 eine Bescheinigung durch den Wohnungsgeber, um Scheinanmeldungen zu verhindern. Diese Neuregelung hat eine Mitwirkungspflicht vermietender Wohnungseigentümer und Verwalter zur Folge. Die Bestätigung über den Ein- oder Auszug muss innerhalb von zwei Wochen durch den Vermieter, bzw. den von ihm beauftragten Verwalter ausgestellt werden. Die Bescheinigung kann sowohl in schriftlicher oder elektronischer Form erfolgen, und muss entweder der meldepflichtigen Person oder der zuständigen Meldebehörde direkt zur Verfügung gestellt werden. Neben dem Namen und der Anschrift des Wohnungsgebers muss die Bestätigung die Anschrift der Wohnung, die Art des meldepflichtigen Vorgangs (Einzug oder Auszug), das Datum und den Namen der meldepflichtigen Personen enthalten. Die Vermieterbescheinigung war bereits bis 2002 erforderlich, bevor sie abgeschafft wurde.

Bei Fristversäumung und Scheinanmeldung drohen Bußgelder
Der Dachverband Deutscher Immobilienverwalter (DDIV) rät Haus- und Immobilienverwaltern vermietende Eigentümer darüber zu informieren und bei Übertragung der Mitwirkungspflicht diese dringend einzuhalten. Bei Unterlassung der Meldepflicht, Fristversäumung oder fehlender Vermieterbescheinigung droht dem Meldepflichtigen ein Bußgeld von 1.000 Euro. Dies trifft auch Eigentümer, die die Vermieterbescheinigung nicht oder nicht rechtzeitig ausstellen. Besonders teuer wird es, wenn eine Wohnanschrift für die Anmeldung eines Dritten angeboten oder zur Verfügung gestellt wird, obwohl der tatsächliche Bezug der Wohnung durch diesen nicht gegeben ist. Das Ausstellen von Gefälligkeitsbescheinigungen gilt als Ordnungswidrigkeit und kann gem. § 54 Abs. 1, 3 BMG mit bis zu 50.000 Euro geahndet werden.

Neue Informationspflicht
Neu ist auch, dass sich der Vermieter bei der Meldebehörde über die tatsächliche An- oder Abmeldung des Mieters informieren kann. Gleichzeitig ist auch die Meldebehörde befugt, Informationen über die derzeitigen und vorherigen Mieter vom Wohnungsgeber einzuholen. In Anlehnung an bereits bestehende landesrechtliche Regelungen wird durch das Gesetz die Meldebehörde ermächtigt, bereits gespeicherte Grunddaten auf elektronischem Wege abzufragen. Diese müssen dann allerdings vom Meldepflichtigen geprüft und gegebenenfalls berichtigt werden.

Quelle:

Dachverband Deutscher Immobilienverwalter e. V. (DDIV)
Dorotheenstraße 35
10117 Berlin

Vergleich nach vorgetäuschtem Eigenbedarf: Dennoch Schadensersatz des Mieters?

BGH, Urteil vom 10.06.2015 – VIII ZR 99/14

  1. Der Vermieter ist im Falle der Vortäuschung von (Eigen-)Bedarf – wie auch sonst bei einer schuldhaften (materiell) unberechtigten Kündigung eines Dauerschuldverhältnisses – dem Mieter gemäß § 280 Abs. 1 BGB zum Schadensersatz verpflichtet (Bestätigung und Fortführung von BGH, Urteile vom 08.04.2009 – VIII ZR 231/07, IMR 2009, 188 = NJW 2009, 2059 Rz. 11 m.w.N.; vom 13.06. 2012 – VIII ZR 356/11, Rz. 10, IMR 2010, 1000 – nur online; Beschluss vom 07.09.2011 – VIII ZR 343/10, WuM 2011, 634 Rz. 3).*)
  2. Ob ein Räumungsvergleich den Zurechnungszusammenhang zwischen der Vortäuschung einer (Eigen-)Bedarfssituation und dem später vom Mieter geltend gemachten Schaden unterbricht, ist im Wege der Auslegung des Vergleichs und unter Würdigung der Umstände des Einzelfalls danach zu beurteilen, ob die Parteien durch gegenseitiges Nachgeben auch den Streit darüber beilegen wollten, ob die (Eigen-)Bedarfslage des Vermieters bestand oder nur vorgetäuscht war. Nur dann, wenn mit dem Vergleich auch etwaige Ansprüche des Mieters wegen eines nur vorgetäuschten Bedarfs abgegolten werden sollten, fehlt es an dem erforderlichen Zurechnungszusammenhang (Fortführung von BGH, Beschluss vom 07.09.2011 – VIII ZR 343/10, a.a.O.).*)
  3. An das Vorliegen des Willens des Mieters, auf etwaige Ansprüche gegen den Vermieter wegen eines nur vorgetäuschten (Eigen-)Bedarfs zu verzichten, sind strenge Anforderungen zu stellen; der Verzichtswille muss – auch unter Berücksichtigung sämtlicher Begleitumstände – unmissverständlich sein (Anschluss an und Fortführung von BGH, Urteile vom 21.11.2006 – VI ZR 76/06, NJW 2007, 368 Rz. 9; vom 26.10.2009 – II ZR 222/08, NJW 2010, 64 Rz. 18; vom 18.09.2012 – II ZR 178/10, WM 2012, 2231 Rz. 22; vom 22.04. 2015 – IV ZR 504/14, Rz. 15).*)
  4. Für einen stillschweigenden Verzicht des Mieters auf die vorgenannten Ansprüche bedarf es regelmäßig bedeutsamer Umstände, die auf einen solchen Verzichtswillen schließen lassen (Fortführung von BGH, Urteile vom 11.10.2000 – VIII ZR 276/99, Rz. 18; vom 20.09.2006 – VIII ZR 100/05, WM 2007, 177 Rz. 22; Beschluss vom 19.09.2006 – X ZR 49/05, Rz. 27). Derartige Umstände können bei einem Räumungsvergleich etwa darin liegen, dass sich der Vermieter zu einer substantiellen Gegenleistung – wie etwa einer namhaften Abstandszahlung – verpflichtet.*)

Quelle: Pressestelle des Bundesgerichtshofs

BFH: Eingeschränkte Befugnis von Hausverwaltern zur Hilfeleistung in Steuersachen

§ 4 Nr. 4 StBerG erlaubt nur eine Hilfeleistung in Steuersachen „hinsichtlich des Vermögens“ und der daraus erzielten Einkünfte. Bei einem Hausverwalter umfasst dies nicht die Erstellung oder Abgabe der Erklärung zur gesonderten und einheitlichen Feststellung der Besteuerungsgrundlagen sowie der Umsatzsteuererklärung. Insofern sind nur Vorarbeiten zulässig, die sich auf die Einkünfte bzw. Umsätze aus dem die Hausverwaltung betreffenden Mietwohngrundstück beschränken.

 

Quelle:

BVI Bundesfachverband der Immobilienverwalter e.V.
Schiffbauerdamm 8
10117 Berlin

BGH: Zur Kreditaufnahme durch die WEG

Die Parteien sind Mitglieder einer aus 201 Einheiten bestehenden Wohnungseigentümergemeinschaft. In der Eigentümerversammlung vom 14. August 2013 beschlossen die Wohnungseigentümer die Durchführung einer Fassadensanierung mit förderfähiger Wärmedämmung. Um die mit ca. 2.000.000 € veranschlagten Kosten zu finanzieren, beschlossen sie zudem die Aufnahme eines KfW-Förderkredits, dessen Zinssatz sich zum damaligen Zeitpunkt auf 0% belief, in Höhe von ca. 1.320.000 € mit einer Laufzeit von 10 Jahren sowie die Finanzierung des restlichen Betrages von ca. 900.000 € durch Rückgriff auf die Instandhaltungsrücklage.

Das Amtsgericht hat die gegen den Beschluss über die Darlehensaufnahme gerichtete Anfechtungsklage der Klägerin abgewiesen. Das Landgericht hat den Beschluss hingegen für ungültig erklärt. Die dagegen gerichtete Revision einer Wohnungseigentümerin hatte keinen Erfolg.

Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat entschieden, dass auch die Aufnahme eines langfristigen, hohen Kredits durch die Wohnungseigentümergemeinschaft ordnungsmäßiger Verwaltung entsprechen kann. Ob dies der Fall ist, kann allerdings nicht generell, sondern nur anhand der konkreten Umstände des Einzelfalls unter Abwägung der allseitigen Interessen bestimmt werden. Im konkreten Fall hat der Senat die Ordnungsmäßigkeit des Beschlusses über die Kreditaufnahme verneint.

Der Entscheidung liegen im Wesentlichen folgende Erwägungen zugrunde:

Das Wohnungseigentumsgesetz enthält keine Anhaltspunkte, dass den Wohnungseigentümern die Möglichkeit einer Kreditaufnahme durch die Wohnungseigentümergemeinschaft nur in besonders gelagerten Ausnahmefällen zu Gebote stehen soll. Allerdings muss das besondere Haftungsrisiko berücksichtigt werden. Gibt es Zahlungsausfälle bei Wohnungseigentümern, müssen die daraus resultierenden Fehlbeträge durch entsprechend höhere Beiträge der übrigen Wohnungseigentümer oder durch eine Sonderumlage ausgeglichen werden. Eine solche Nachschusspflicht kann zwar auch entstehen, wenn ein Vorhaben durch eine Sonderumlage finanziert wird und sich diese bei einzelnen Wohnungseigentümern als uneinbringlich erweist. Da eine Sonderumlage von den aktuellen Wohnungseigentümern aufzubringen ist, wird aber meist hinreichend sicher bekannt sein, ob mit einem Zahlungsausfall zu rechnen ist; auch kann jedenfalls die Durchführung von Maßnahmen, die Aufschub dulden, davon abhängig gemacht werden, dass die beschlossene Sonderumlage von allen Wohnungseigentümern gezahlt wird. Bei einem Darlehen lässt sich das Risiko des Ausfalls einzelner Wohnungseigentümer dagegen nur sehr begrenzt abschätzen. Zuverlässige Prognosen über die Bonität der Wohnungseigentümer sind schon wegen der meist langen Laufzeit des Darlehens nicht möglich; darüber hinaus muss stets damit gerechnet werden, dass es zu Eigentümerwechseln in dieser Zeit kommt, sich also die Zusammensetzung der Gemeinschaft verändert. Angesichts dieses Haftungsrisikos ist bei der Entscheidung über die Finanzierung einer Maßnahme durch ein hohes langfristiges Darlehen Zurückhaltung geboten. Ob sie ordnungsmäßiger Verwaltung entspricht, lässt sich nur nach sorgfältiger Abwägung aller relevanten Umstände des Einzelfalls und unter Berücksichtigung der allseitigen Interessen der betroffenen Wohnungseigentümer feststellen.

Dabei sind insbesondere folgende Gesichtspunkte von Bedeutung: Es kommt wesentlich auf den Zweck des Darlehens an, wobei in erster Linie an Instandhaltungs- bzw. Modernisierungsmaßnahmen zu denken ist; je dringlicher eine Maßnahme ist desto eher treten andere Nachteile einer Finanzierung durch Darlehen bei der Abwägung zurück. Von Bedeutung ist ferner die Möglichkeit, die notwendigen Mittel durch Rückgriff auf die Instandhaltungsrücklage und Erhebung einer Sonderumlage aufzubringen. In diesem Zusammenhang sind den mit einer Darlehensaufnahme einhergehenden Belastungen und Risiken die Vor- und Nachteile einer Finanzierung der Maßnahme mittels Sonderumlage gegenüber zu stellen; eine Darlehensfinanzierung wird insbesondere in Betracht kommen, wenn die Erhebung einer Sonderumlage die einzelnen Wohnungseigentümer finanziell stark belastete oder gar die Leistungsfähigkeit einkommensschwächerer Wohnungseigentümer überforderte. Relevant sind zudem die Höhe des Darlehensbetrages im Verhältnis zu der Anzahl der Wohnungseigentümer, die Kreditkonditionen, die Laufzeit des Darlehens und die Rückzahlungsbedingungen. Entgegen der Ansicht des Landgerichts muss eine mehrheitlich beschlossene Kreditaufnahme nicht zwingend eine Option für die Eigentümer enthalten, die Finanzierung selbst zu übernehmen und den auf sie entfallenden Kreditanteil als Sonderumlage zur Reduzierung des Darlehensbetrages einzuzahlen.

Auch die Beschlussfassung über die Aufnahme eines Darlehens muss gewissen Anforderungen genügen. Der Beschluss muss Angaben über die zu finanzierende Maßnahme, die Höhe des Darlehens, dessen Laufzeit, die Höhe des Zinssatzes bzw. des nicht zu überschreitenden Zinssatzes enthalten und erkennen lassen, ob die Tilgungsraten so angelegt sind, dass der Kredit am Ende der Laufzeit getilgt ist. Ferner muss vor der Beschlussfassung wegen des in die Zukunft verlagerten Risikos der Zahlungsunfähigkeit einzelner Wohnungseigentümer die im Innenverhältnis bestehende Nachschusspflicht der Wohnungseigentümer Gegenstand der Erörterung in der Wohnungseigentümerversammlung gewesen sein. Dies ist in dem Protokoll der Eigentümerversammlung zu dokumentieren.

In diesem Punkt entspricht der angegriffene Beschluss nicht ordnungsmäßiger Verwaltung. Dem Protokoll der Eigentümerversammlung lässt sich nicht entnehmen, dass über das Risiko einer Nachschusspflicht unterrichtet worden ist.

Vorinstanzen:

AG Pforzheim – 12 C 82/13 – Urteil vom 23. Dezember 2013

LG Karlsruhe – 11 S 8/14 – Urteil vom 7. Oktober 2014

 

Quelle: Pressemitteilung des Bundesgerichtshofs vom 25.09.2015

Legionelleninfektion: Schadensersatz und Schmerzensgeld vom Vermieter?

ho) Am 01. November 2011 ist eine novellierte Trinkwasserverordnung vom 03. Mai 2011 in Kraft getreten (1. Verordnung zur Änderung der Trinkwasserverordnung vom 03. Mai 2011, BGBl. I Nr. 21/2011, Seite 748 ff und Berichtigung der Verordnung vom 30. September 2011, BGBl. I 2011, Seite 1985). Diese Änderungsverordnung schreibt die Trinkwasserverordnung vom 21.05.2001, die am 01.01.2003 in Kraft getreten ist, fort. Sie ist auf der Verordnungsermächtigung von § 38 Infektionsschutzgesetz (InfSG) ergangen, Seit dem 1. November 2011 kommen auf Vermieter von Mehrfamilienhäusern mit einer zentralen Warmwasserbereitungsanlage neue Pflichten zu. Insbesondere hat der Betreiber oder Inhaber einer Großanlage zur Trinkwassererwärmung (§ 13 Abs. 5 TrinkwV) die Anlage grundsätzlich jährlich an mehreren repräsentativen Probeentnahmestellen auf Legionellen zu untersuchen bzw. untersuchen zu lassen, die Untersuchungsergebnisse aufzuzeichnen, 10 Jahre verfügbar zu halten und innerhalb von zwei Wochen dem Gesundheitsamt ebenfalls zu übersenden (§ 14 Abs. 3 TrinkwV).

Großanlagen im Sinne der allgemein anerkannten Regeln der Technik sind dabei Warmwasserinstallationen mit mehr als 400 Litern Speichervolumen und/oder Warmwasserleitungen mit mehr als 3 Litern Inhalt zwischen dem Trinkwassererwärmer und der Entnahmestelle (vgl.: DVGW-Arbeitsblatt W 551).

Als gesundheitsbedenklicher Grenzwert für die im Trinkwasser vorhandene Legionellenkonzentration wird dabei 100 KBE (Kolonienbildende Einheiten) pro 100 ml Trinkwasser definiert (Anlage 3, Teil II des § 7 TrinkwV). Voraussetzung für die Untersuchungspflicht ist, dass die Trinkwasseranlagen mit Duschen oder mit anderen Anlagen ausgestattet sind, in denen es zu einer Vernebelung von Trinkwasser kommt (§ 14 Abs. 3, Satz 2 TrinkwV).

Hintergrund dazu:
Die Übertragung von Legionellen erfolgt durch das Einatmen eines legionellenbelasteten Wasser-Luft-Aerosols, so dass die Atemwege und Lungen damit infiziert werden. Das reine Trinken von legionellenbelasteten Wasser soll dagegen nicht gesundheitsschädlich sein und auch die Legionärskrankheit nicht auslösen (zu den Einzelheiten der biologisch-medizinischen Zusammenhänge von Legionellenbelastungen vgl. im Internet die freie Enzyklopädie Wikipedia unter dem Stichwort „Legionellen“ unter www.wikipedia.org/wiki/Legionellen).

„Inhaber von Trinkwasseranlagen“ mit Warmwasseraufbereitung sind auch der Hauseigentümer und Vermieter, der Wohnungseigentümer, die Wohnungseigentümergemeinschaft und der Verwalter.

In einer brandneuen Entscheidung befasst sich der Bundesgerichtshof (BGH) mit Legionellenbelastungen des Trinkwassers und daraus folgendem Schadensersatz des Vermieters einschließlich seiner Verpflichtung zur Zahlung von Schmerzensgeld:

Der Fall:

Vermieter V vermietet an Mieter M. M stirbt an einer Legionelleninfektion mit folgender letal verlaufender Lungenentzündung. Die Tochter des M – T – begehrt als Alleinerbin des M von V Schmerzensgeld in Höhe von 23.415,84 € plus Zinsen. Eine starke Legionellenkontamination wurde behördlich in der Wohnung des verstorbenen M festgestellt. T leitet ihren Schadensersatzanspruch aus einer behaupteten Pflichtverletzung des V zur regelmäßigen Kontrolle des Trinkwassers her und behauptet dazu, M sei infolge dieser unterlassenen Prüfung auf Legionellen erkrankt. V beruft sich dagegen darauf, andere Infektionsherde seien nicht auszuschließen: Schließlich habe M am gesellschaftlichen Leben aktiv teilgenommen. Dass es keine andere Legionellenepidemie im Umkreis gegeben habe, sei unbedeutend. Außerdem sei im Wohnhaus des V niemand an einer Legionelleninfektion erkrankt.

Die Lösung:

Der BGH (BGH, Urteil vom 6. Mai 2015 – VIII ZR 161/14; Vorinstanz LG Berlin, Urteil vom 12.5.2014 – 18 S 327/13) verweist zurück. Denn die Annahme des Berufungsgerichts, die Legionellenerkrankung lasse sich nicht mit der erforderlichen Gewissheit auf das kontaminierte Trinkwasser zurückführen, beruhe auf einer lückenhaften und rechtsfehlerhaften Beweiswürdigung. Gleichwohl sei grundsätzlich eine Pflicht des Vermieters zur Untersuchung des Trinkwassers auf Legionellen als Verkehrssicherungspflicht anzunehmen. Deshalb komme es für die Begründung einer solchen Pflicht nicht darauf an, ob der behauptete Pflichtverstoß zeitlich vor dem am 1. November 2011 erfolgten Inkrafttreten der in § 14 Abs. 3 der Trinkwasserverordnung ausdrücklich geregelten Pflicht des Vermieters zu einer Legionellenuntersuchung des Trinkwassers behauptet wird. Anders formuliert: Der Vermieter ist auch schon zeitlich vorher untersuchungspflichtig. Kommt er dem nicht nach, und ergibt sich daraus verschuldet ein Körperschaden, haftet er.

Hintergrund:

Die zwingende Einordnung überschrittener Grenzwerte als Sachmangel der Mietsache löst zu Lasten des Vermieter das gesamte Spektrum der Sachmängelgewährleistungsrechte und –Ansprüche aus, insbesondere das Minderungs- und Zurückbehaltungsrecht an der Miete und fristlose Kündigungsmöglichkeiten für den Mieter wegen Gesundheitsgefährdung. Hinzu treten die Möglichkeit der Selbstbeseitigung des Mangels durch den Mieter nach ergebnislosem Ablauf einer dafür dem Vermieter gesetzten Frist (§ 536 a Abs. 2 BGB) sowie ein diesbezüglich erzwingbarer Kostenvorschuss.

Auch Schadensersatz ist zu Gunsten des Mieters veranlasst, wenn dem Vermieter ein entsprechendes Verschulden an der Grenzwert überschreitenden Legionellenkonzentration im Trinkwasser anzulasten ist und dem Mieter daraus zum Beispiel ein Gesundheitsschaden erwächst. Besonders problematisch aus Sicht des Vermieters ist dabei, dass dieser Schadensersatzanspruch des Mieters auch Schmerzensgeld für erlittene Gesundheitsbeeinträchtigungen und erlittene Gesundheitsschäden umfasst (zu diesen Fällen: LG Saarbrücken, Urteil vom 11.12.2009 – 10 S 26/08, MietRB 2010, Seite 132; LG Dortmund, Urteil vom 01.09.2010 – 4 O 167/09, BauR 2011, Seite 1062; KG, Urteil vom 8.12.2010-11 U 54/09, IMR 2011, S. 210).

Quelle:

Haus und Grund Niedersachsen,Landesverband
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Aussichtslose Prozesse muss man nicht führen

Regelmäßig stimmen Eigentümerversammlungen darüber ab, ob bestimmte Ansprüche geltend gemacht werden sollen. Bei tatsächlich oder rechtlich zweifelhaften Ansprüchen muss dies nicht geschehen, berichtet der WEG-Rechtsexperte Dr. Jan-Hendrik Schmidt und bezieht sich auf ein Urteil des LG Itzehoe (Urteil vom 05.08.2014; Aktenzeichen 11 S 45/13). Das für Schleswig-Holstein zentral zuständige Berufungsgericht für alle WEG-Verfahren entschied sich zu Eckpunkten, unter denen Wohnungseigentümer davon absehen dürfen, streitige Ansprüche gegenüber Miteigentümern oder Dritten zu verfolgen.

Der Fall:

Im Jahr 1996 wurde einer Eigentümerin durch Mehrheitsbeschluss gestattet, einen vor ihren beiden Sondereigentumseinheiten liegenden Vorflur in den eigentlichen Wohnbereich baulich einzubinden. Der Beschluss wurde nicht angefochten. Die Miteigentümerin führte die Umbaumaßnahmen durch. 10 Jahre später verlangt eine Miteigentümerin, dass die WEG eine Nutzungsentschädigung für die Flurfläche geltend machen soll. In der Eigentümerversammlung wird dies durch Mehrheitsbeschluss abgelehnt (Negativbeschluss). Die hiergegen gerichtete Anfechtungsklage hat das Amtsgericht abgewiesen, da es nach seiner Ansicht nicht ermessensfehlerhaft sei, wenn die Gemeinschaft von der Geltendmachung zweifelhafter Entschädigungsansprüche absehe. Die Klägerin legte Berufung ein.

Die Entscheidung:

Das LG Itzehoe bestätigt das AG Reinbek. Unter Berücksichtigung der Sachlage sowie der Rechtslage sei es äußerst zweifelhaft, ob die WEG erfolgreich einen Zahlungsanspruch durchsetzen könne. Der Beschluss von 1996 sei nicht angefochten worden und daher eine rechtsgültige Grundlage für die durchgeführten Umbaumaßnahmen und die Einbeziehung des Flures, bei der es sich um einen Leihvertrag handeln dürfte. Da die Miteigentümerin somit redlich gehandelt habe, könne sie aller Voraussicht nach nicht erfolgreich auf  Zahlung in Anspruch genommen werden. Bereits damals hätte man in dem Beschluss eine Gegenleistung, beispielsweise in der Form einer Nutzungsentschädigung, festlegen können. Dies habe die Gemeinschaft aber nicht getan. Alle heutigen Eigentümer seien an diesen Beschluss kraft Gesetzes gebunden (§ 10 Abs. 4 WEG).

 

Quelle:

Dachverband Deutscher Immobilienverwalter e. V. (DDIV)
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BGH: Kündigung wegen falscher Vorvermieter-Bescheinigung

Die Vorvermieter-Bescheinigung weist aus, der Mietinteressent habe seine Pflichten aus dem Vor-Mietvertrag immer pünktlich erfüllt. Der Vermieter stellt nachträglich fest, dass dies falsch ist und kündigt das Mietverhältnis fristlos. Ja, urteilt der Bundesgerichtshof (09.04.2014 – VIII ZR 107/13), die falsche Bescheinigung stelle eine erhebliche Verletzung vorvertraglicher Pflichten des Mieters dar und begründe zu Recht die fristlose K ündigung. Allerdings verweist der Bundesgerichtshof zurück an das Berufungsgericht um Beweis darüber erheben zu lassen, ob der Vermieter von vornherein gewusst habe, dass die Vorvermieter-Bescheinigung nicht zutrifft.

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BGH: Verteilerschlüssel für Betriebskosten durch Vermieter bestimmt

Im Mietvertrag ist vereinbart, dass der Vermieter den Verteilerschlüssel für die Betriebskosten mit der ersten Abrechnung selbst nach billigem Ermessen bestimmt. Gestritten wird über die Wirksamkeit dieser Klausel.

Ja, sagt der BGH, der gesetzliche Verteilerschlüssel für Betriebskosten nach Wohnfläche gemäß § 556 a BGB sei abdingbar, andere Verteilung könne vereinbart werden. Werde festgelegt, dass allein der Vermieter dies mit der ersten Betriebskosten-Abrechnung bestimmt, so ist dies in Ordnung (BGH 05.11.2014 – VIII ZR 257/13 in ZMR 2015, 207).

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